Entwicklung einer Photovoltaik-Freiflächenstrategie für die Leader-Regionen Mühlviertler Kernland und Mühlviertler Alm

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Aktueller denn je werden Photovoltaikanlagen als nachhaltige Energieversorgung der Zukunft gehandelt. Damit einher geht aber leider ein erwartbarer Wildwuchs von Photovoltaik-Freiflächen in der Landschaft. Um diesem wenig erstrebenswerten Zukunftsszenario entgegenzuwirken und eine tragbare und nachhaltige Planung zur Energieversorgung mit Photovoltaik aus Freiflächenanlagen zu erstellen, haben die zwei Leader-Regionen den Energiebezirk Freistadt (EBF) mit der Erarbeitung eines strategischen Gesamtkonzeptes beauftragt.

Ausgangssituation

„Aktuell gibt es in mehr als einem Dutzend der Mitgliedsgemeinden in den Leader-Regionen Mühlviertler Kernland und Mühlviertler Alm Anfragen von national bzw. international agierenden Investoren und Planungsbüros, sowie verkaufs- oder verpachtwilligen Grundstücksbesitzer*innen – vor allem Landwirt*innen – auf Umwidmung potentieller Flächen in PV-Sondernutzung im Grünland. Der Druck in den betroffenen Gemeinden auf die Mandatar*innen, welche für die Flächenwidmung zuständig sind, steigt stetig, sodass eine seriöse, differenzierte, faktenbasierte, regionsübergreifende Auseinandersetzung mit der Thematik ein Gebot der Stunde ist“, sagt der Obmann der Leader-Region Mühlviertler Kernland, Fritz Robeischl, Bürgermeister von Pregarten, der in seiner Heimatgemeinde mit diesem Thema bereits intensiv befasst ist.

„Genau hier setzten wir an. Die Leader-Regionen Mühlviertler Kernland und Mühlviertler Alm, die flächenmäßig den ganzen Bezirk Freistadt abdecken, haben beschlossen, eine Photovoltaik-Freiflächenstrategie in Auftrag zu geben, mit der ein Planungs- und Steuerungsinstrument entwickelt werden soll, das einen geordneten regionalen PV-Freiflächen-Ausbau mit konkreten Ausbau- und Zeitplänen inkl. Evaluierungsschritten gewährleistet und in Folge eine nachhaltige und soziale faire Umsetzung ermöglicht. Mit der Arbeit wurde der Energiebezirk Freistadt beauftragt, der bereits mit der Erarbeitung begonnen hat. Das fertige Konzept soll im Frühling 2023 präsentiert werden“, so der stellvertretende Obmann der Leader-Region Mühlviertler Alm, Franz Xaver Hölzl, Bürgermeister von Weitersfelden.

Projektinhalt

Aufbauend auf den regionalen Strom- bzw. Gesamtenergiebedarf, den nationalen und internationalen Energie- und Klimazielen, sowie unter Berücksichtigung mehrerer Szenarien soll zu Beginn des Projektes die Frage geklärt werden, ob es überhaupt PV-Freiflächen-Anlagen – zusätzlich zum PV-Dach-Ausbau – braucht, bzw. wenn ja, wie viele Anlagen bzw. Flächen überhaupt benötigt werden. Dies immer im Kontext einer regionalen Gesamt-Energiestrategie inkl. der Berücksichtigung von Energieeffizienzsteigerungen und realistischer Energie-Einsparungsmaßnahmen.

„Die PV-Freiflächen-Strategie soll keinesfalls eine PV-Lobbying-Strategie werden, sondern in ein regionales Gesamtenergiekonzept eingebettet sein. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, welche Anlagenleistung inkl. Netzinfrastruktur für eine bilanzielle Vollversorgung der Region benötigt würde, bzw. bei einer Mitbetrachtung/Mitversorgung urbaner Räume“, betont EBF-Obmann David Bergsmann, Bürgermeister von Hagenberg.

Neben diesen quantitativen Parametern gilt es sich in der Ist-Analyse mit den gültigen Rechtsmaterien (Gesetze, Verordnungen, Planungsleitlinien, Kriterienkataloge, …) intensiv auseinandersetzen und darin zu vertiefen. „Parallel ist es erforderlich, mit den auf Landesebene mit der Materie befassten Stellen und Organisationen (Überörtliches Planungsorgan, energiewirtschaftliches Planungsorgan, Naturschutzabteilungen, Netzbetreiber, …) in Kontakt zu treten und den Dialog zu suchen, mit dem Ziel, diese für ein aktives Mitwirken an der Erarbeitung der Strategie gewinnen zu können (Vorgespräche fanden bereits statt)“, empfiehlt EBF-Geschäftsführer Norbert Miesenberger

Projektziele auf einen Blick

1. Mehr Energieversorgungssicherheit, Energieunabhängigkeit und Energieleistbarkeit für Bürger*innen schaffen
2. Standortsicherheit und Planbarkeit für Gewerbe und Industrie
3. Dekarbonisierung der Energieversorgung
4. Vereinbarkeit und Absicherung von Lebensmittel- und Energieproduktion (Mehrfachnutzungssysteme – Erhöhung Landnutzungseffizienz)
5. Steigerung der regionalen Wertschöpfung durch Beteiligungs- und Finanzierungsmodelle
6. Mitberücksichtigung des Landschaftsbildes – Tourismus
7. Soziale Gerechtigkeit (wer profitiert wie davon?)

Prioritäres Projekt-Ziel ist es, dass möglichst viele Bewohner*innen am Ausbau der Erneuerbaren Energien teilhaben können und die „Energiewende-Projekte“ mithelfen, die Strompreise in der Region sowohl für die Haushalte als auch für Betriebe und Gemeinden zu stabilisieren. Durch die Einbindung der regionalen Vertreter*innen aus der Sozialpartnerschaft (Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer, Wirtschaftskammer) sowie den in den Regionen aktiven politischen Parteien, sollen konkrete Beteiligungsmodelle von Beginn an partizipativ erarbeitet werden. Nach der Ist-Analyse inkl. der Etablierung des Partizipationsprozesses und dem Vorliegen eines ersten Grobkonzeptes soll der Kontakt mit den höchsten politischen VertreterInnen auf Landesebene hergestellt werden. Dabei geht es darum, die regionalen Ambitionen/Ausbauziele aktiv zu vertreten und die für die Umsetzung nötigen Rahmenbedingungen einzufordern bzw. diese zu erwirken.

In der anschließenden Soll-Analyse (Detail-Analyse) geht es darum zu klären, ob z.B. Vorrangflächen in einzelnen Gemeinden (ähnlich wie INKOBA) definiert werden sollen, wie mit Flächen/Anlagen zur betrieblichen Eigenversorgung umgegangen werden soll, bzw. ob maximale Anlagenleistungen in Erwägung gezogen werden. Nicht zuletzt wird in dieser Phase über allfällige Reihungsinstrumente aufgrund regional vorgegebener Parameter (Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Doppelnutzung, … ) zu beraten und zu entsheiden sein.

„Die eigene Erwartungshaltung an das Projekt ist, dass nach Vorliegen des Strategiepapiers Klarheit und regionale Einigkeit über die Quantität und Qualität eines allenfalls notwendigen geordneten PV-Freiflächen-Ausbaus in den zwei Leader-Regionen Mühlviertler Kernland und Mühlviertler Alm besteht. Dass ein detailliertes und über weite Bereiche gesellschaftlich akzeptiertes Beteiligungs-, Ausbau- (hier ist neben dem Anlagenbau natürlich auch der Netzausbau gemeint) und Auswahlmodell vorliegt, welches auch die Basis für die notwendigen Entscheidungsfindungen auf Gemeinde- und auf Landesebene darstellt, mit dem Ziel, Energie- Versorgungssicherheit, Energie-Leistbarkeit und Energie-Planbarkeit zu gewähren“, betonen die Geschäftsführerinnen der Leader-Regionen Mühlviertler Kernland und Mühlviertler Alm, Conny Wernitznig und Renate Fürst.